Schwäbische Zeitung,
Lokalausgabe Wangen am 7. April 2017:
„Hospiz-Neustart ist gut gelungen“ - Leiterin Brigitte Dorn zieht erste Bilanz nach der Wiederöffnung im Januar
Nachdem das
Hospiz am Engelberg nach gut dreimonatiger Schließungsphase zu Jahresbeginn mit
zunächst vier Betten wieder an den Start gegangen war, liegt die Kapazität
mittlerweile bei acht. Eine Größenordnung, die Brigitte Dorn für ausreichend
hält. „Die Tendenz ist so, dass Gäste erst in sehr weit fortgeschrittenem
Stadium ihrer Krankheit kommen“, begründete sie ihre Einschätzung. Der Grund:
Für viele Sterbende und deren Angehörige sei der Gang ins Hospiz der
allerletzte Schritt, da zu 90 Prozent der Wunsch bestehe, daheim zu sterben.
Entsprechend
kurz sei die Belegungszeit: Nach Angaben der Hospizleiterin liegt sie im
Schnitt bei sieben bis acht Tagen, manchmal auch nur bei zwei bis drei. Länger
als vier Wochen sei kaum ein Gast am Engelberg gewesen.
Vor diesem
Hintergrund nahm Dorn auch zu möglichen Wartezeiten Stellung. Natürlich gebe es
„Stoßzeiten“. Aber: „Es wird kein Patient auf die Straße gesetzt.“ Bislang habe
man „immer einen Weg gefunden“. Dabei helfe auch die Zusammenarbeit mit den
Kliniken. Werde bei vorhandener Warteliste ein Platz frei, „rufe ich der
Reihenfolge nach die Angehörigen an“, sagte sie.
Insgesamt,
glaubt Dorn, sei die Region Allgäu/Oberschwaben mit Hospizplätzen „gut
abgedeckt“. Dies decke sich mit der Einschätzung des Hospiz- und
Palliativverbands. Gleichwohl werde der Bedarf steigen, angesichts der
alternden Gesellschaft mit einer zunehmenden Anzahl an Single-Haushalten, „wo
keine häusliche Versorgung möglich ist“.
Dorn nahm
auch zu weiteren Bereichen der täglichen Arbeit am Engelberg Stellung. Das
Aufnahmeprozedere sei „relativ einfach“. Erforderlich seien allerdings eine
„Notwendigkeitsbescheinigung“ des Hausarztes sowie die Genehmigung der
Krankenkasse. Letztere aber „nicht zwingend vorher“. In diesen Fällen kümmere
sich Dorn um das „Okay“ der Kassen. Diese gäben manchmal andere Einschätzungen
ab als die Hausärzte, da deren medizinischen Dienste rein nach Aktenlage
prüften.
Die
Versorgung im Hospiz selbst verlaufe nach dem „Hausarztprinzip“. Zehn Mediziner
hätten sich für entsprechende Aufgaben am Engelberg bereit erklärt. Sie seien
für die medizinischen Verordnungen für die Gäste zuständig. „Die Zusammenarbeit
läuft sehr gut“, bilanzierte Brigitte Dorn.
Oberstes Ziel
am Hospiz sei es, „die Lebensqualität in dem möglichen Maße zu erhalten“. Dabei
stehe die Absprache mit dem Gast im Mittelpunkt: Auf der einen Seite sei da der
Vorrang des Wohlbefindens. Auf der anderen Seite stünden möglicherweise
Schmerzen verursachende medizinische Maßnahmen. Aber: „Wenn es einem Gast
wichtig ist, kann man alles machen“, so Dorn.
Die acht
Betten selbst seien allesamt in Einzelzimmern untergebracht. Mit einer
Ausnahme: In einem Raum stehe ein zweites Bett, das bei Bedarf Angehörigen
eines Sterbenden vorbehalten sei. Entsprechendes sei gegebenenfalls durch das
Aufstellen von Liegen auch in den anderen Räumen möglich.
Pflegerisch
gehe es für das Hospizteam um die Themen Schmerz, Angst, Unruhe und Übelkeit,
etwa durch die Nebenwirkung von Medikamenten. Brigitte Dorn formulierte als
Prämisse dieser Arbeit: „Wir versuchen in allen Bereichen, die Dinge zu
lindern.“
Wie sie
erklärte, greift sie dabei auf ein Team zurück, das zu je einem Drittel aus
Beschäftigten besteht, die schon vor der Wiedereröffnung im Hospiz arbeiteten,
„Rückkehrern“, die früher am Hospiz angestellt waren und neuen Pflegekräften.
Unterstützt würden sie von Ehrenamtlichen, etwa im Haushaltsbereich.
Brigitte Dorn
nahm beim GOL-Stammtisch zu mehreren Themen Stellung, die zu Zeiten der
Hospizkrise im vergangenen Jahr im Mittelpunkt standen – ohne von sich aus die
Vergangenheit aufzugreifen. So erklärte sie damals strittige Aspekte wie
Hausarztprinzip, Bettenanzahl, Kapazitäten und Nachfrage (siehe Text oben).
Bei einigen
Wortmeldungen, auch zu diesen Themen, war die jüngere Geschichte aber direkt
Thema. So antwortete Dorn auf eine Nachfrage zum ambulanten Hospizdienst: „Der
wird wieder aufgebaut.“ Für die Hospizleiterin ist er „ein ganz wertvoller
Baustein, damit
die Menschen
länger zu Hause bleiben können“.
Eine kurze
Diskussion entwickelte sich, als ein Anwesender mit Bezug zur beim
GOL-Stammtisch ebenfalls anwesenden früheren Hospizleiterin Annegret Kneer
nachhakte: „Was machen Sie anders?“ Dorn antwortete hier: „Das weiß ich nicht.
Unser Ziel ist es, die Gäste gut zu begleiten und zu versorgen.“ Darauf
bemerkte der Mann: „Ich bin davon ausgegangen, dass dies auch vorher der Fall
war.“
An dieser
Stelle ergriff Siegfried Spangenberg das Wort: „Die Frage kann sie nicht
beantworten.“ Alle könnten aber „froh sein“, dass sich jemand gefunden habe,
der die Aufgabe mit „Empathie“ übernommen habe. Der GOL-Politiker verwies zudem
auf „einen anderen Stil“ von Dorn, die im Gemeinderat auch Fraktionskollegin
Spangenbergs ist. Und dieser ergänzte: „Sie ist nicht jemand, den man mit Frau
Kneer vergleichen kann.“
Als der
Fragesteller gegangen war, stellte Spangenberg selbst eine Frage an Brigitte
Dorn: „Arbeitest du im Hospiz ohne Belastung aus der Vergangenheit?“ Nachdem
die Befragte auf den „gelungenen Neustart“ verwies, erklärte sie zudem, die
bestehende Mitarbeiterschaft sei „eine gute Mischung“. Die Beschäftigten
fühlten sich wohl, und es herrsche eine „gute Atmosphäre“. An anderer Stelle
bemerkte Brigitte Dorn zudem: Die Mitarbeiter hätten Gelegenheit zur
Supervision und erhielten Schulungen. Deren Fehlen war im Herbst 2016 ebenfalls
kritisiert worden.
Am Rande kam
auch die räumliche Perspektive des Hospizes zur Sprache: Brigitte Dorn strich
die Vorteile der Nähe zum Krankenhaus heraus. Allerdings seien „die
Zuständigkeiten klar getrennt“. Siegfried Spangenberg verwies auf die
Zuständigkeit von OSK, Kreistag und Stadt bei der
Frage und glaubte an eine Entscheidung, „die nur im Einvernehmen mit dem Hospiz
passiert“.