Wangen/sz Ein klein wenig anders als eigentlich
geplant gestaltete sich der 21. Politische Aschermittwoch der Grünen. Kränkelnd
waren nicht nur Moderatorin Doris Zodel bei ihrer Premiere, sondern auch
Landtagsabgeordnete Petra Krebs und Bundestagsabgeordnete Agnieszka Brugger in
die voll besetzte Häge-Schmiede gekommen. Kurzfristig wurde Bruggers Rede
vorgezogen, um ihr die Heimfahrt nach der Pause zu ermöglichen. Musikalisch
umrahmte die Band „Brekkies Inn“ mit ihrer gefälligen
schwäbisch-alemannischen Folkmusik vor rund 120 Besuchern die Veranstaltung.
Rückblick – hieß es zunächst bei GOL-Stadträtin Doris
Zodel. Rückblick auf – aus grüner Sicht – sehr erfolgreiche Landtagswahlen, die
in der Region mit Manne Lucha aus Ravensburg und Petra Krebs ein Direktmandat
und eine Wangener Landtagsabgeordnete hervorbrachten. Auf der Negativliste sah
Zodel den Einzug der AfD als drittstärkste Kraft in den Landtag, den Rechtsruck
in Europa, Brexit, Trump und drei Terroranschläge in Deutschland. „Ganz persönlich
ist es mir ein Anliegen, dass die Abschiebungen nach Afghanistan gestoppt
werden“, sagte sie.
Klare Worte gegen
Abschiebung
Afghanistan – dieses Thema ging auch Agnieszka Brugger
an. Deutlich sprach sie sich gegen Abschiebungen aus. Abschiebungen in ein
Land, „von dem man weiß, dass es nicht sicher ist“ und „in dem in weiten Teilen
Krieg ist“. Es könne nicht sein, dass einerseits Bundeswehr-Einsätze verlängert
werden müssen und man andererseits den Menschen sage, sie müssten zurückkehren,
erklärte Brugger trotz Krankheit voller Leidenschaft.
Auch soziale Sicherheit und soziale Gerechtigkeit
werden sich die Grünen für die Wahl auf die Fahnen schreiben: „Wir wollen aber
nicht in Panik verfallen und nicht, dass man Sicherheit und Freiheit
gegeneinander ausspielt.“ Auch wenn das Thema Flüchtlinge mehr und mehr in den
Hintergrund gerückt sei, habe die „große Aufgabe“ nach Bruggers Überzeugung
erst begonnen: „Der Schlüssel zur Integration ist es, den Menschen Zugang zum
Arbeitsmarkt zu geben.“
Beeindruckt zeigte sich Brugger auch von der
Sicherheitskonferenz in München und der veränderten Situation in der Welt: „Es
ist schon sonderbar, wenn John McCain, früher anderer Pol der Debatte,
plötzlich die Stimme der Vernunft ist.“
Deutlich positionierte sich Brugger auch gegen die
Erhöhung des Nato-Verteidigungs-Budgets: „Als ob höhere Ausgaben ein
Allheilmittel für Sicherheit wären. Es sind die Ursachen von Krisen und
Problemen, die man bearbeiten muss.“ Bildung, soziale Gerechtigkeit, eine
„verantwortungslose Rüstungspolitik“, aber auch die Wende in der Agrarpolitik,
bei der es nicht um immer noch billigere Produkte, sondern um Klimaschutz und
Nachhaltigkeit gehe sowie eine klimaschutzfreundliche Verkehrspolitik waren
Bruggers Themen. Beim Wohnungsbau dürfe man trotz Blick auf Flächenverbrauch,
Klimaschutz und energetischem Bauen das Soziale nicht aus den Augen verlieren.
Schließlich äußerte sich Brugger auch zur „political correctness“: „Auch
wenn ich die Begrifflichkeit nicht besonders schätze, steht sie für mich auch
für Werte wie Höflichkeit, Anstand und Respekt. Und davon werden wir in diesem
Wahlkampf nicht abweichen.“
„Innere Sicherheit
versus Angst“
Landtagsabgeordnete Petra Krebs stellte sich zunächst
dem Thema „Innere Sicherheit versus Angst“: „Als grüne Fraktion in
Regierungsverantwortung bekennen wir uns uneingeschränkt dazu, dass der Schutz
der bei uns lebenden Menschen vor Straftaten und die Gewährung eines
Höchstmaßes an innerer Sicherheit zu den Kernaufgaben staatlichen Handelns
gehören.“ Die Balance zwischen den Sicherheitsinteressen des Landes und den
Freiheitsrechten der Bürger gelte es aber zu wahren: „Sinn der Demokratie ist,
dass wir in Freiheit leben können.“ Die Stärkung der Polizei solle gezielt und
langfristig fortgesetzt werden: „Anlasslosen Generalverdacht gegen
Bevölkerungsgruppen und Massendatenüberwachung lehnen wir aber ab.“
Demokratie stärken
Krebs sprach von einem „Überbietungswettkampf“ in der
aktuellen Debatte über Maßnahmen zur inneren Sicherheit. Einseitige
Verschärfungen halte sie allerdings nicht für einen erfolgversprechenden Weg,
um dem Phänomen der wachsenden Verunsicherung vieler Menschen zu begegnen.
Alles müsse unternommen werden, um junge Menschen nicht in menschenverachtende,
totalitäre Ideologien abgleiten zu lassen: „Prävention kann, was keine Technik
kann: Demokratie stärken und Straftaten im Vorfeld verhindern.“
Der gesellschaftliche Zusammenhalt sei eine
Grundbedingung für das Funktionieren der Demokratie, sagte Krebs: „Das
Zerbröseln des gesellschaftlichen Zusammenhalts ist wie ein frisch gepflügtes
Feld – der ideale Acker und Nährboden für das Aufkommen von
rechtspopulistischen Bewegungen.“ Rechtspopulismus vertrete aber ein Welt-,
Gesellschafts- und Menschenbild, das sich durchweg an einer vergangenen Zeit
orientiere. In diesem Zusammenhang berichtete Krebs auch von ihrer Arbeit im
Landtag, von „kalkulierten Ausrutschern und inszenierten Tabubrüchen“ diverser
AfD-Kollegen. Politik für den gesellschaftlichen Zusammenhalt gebe dagegen
Orientierung, vermittle Zukunftsoptimismus, wehre sich gegen Abgrenzung uns
setze sich für eine inklusive und solidarische Gesellschaft ein: „Sie tritt für
eine bunte Gesellschaft ein, die Vielfalt und Diversität nicht als Bedrohung,
sondern als Bereicherung begreift.“
Im Anschluss stand Petra Krebs noch für eine
Fragerunde zur Verfügung. Dabei ging es um Bildung, Altersarmut, Wohnungsnot,
aber auch um die gerade beschlossene Altersvorsorge für Politiker. Es bräuchte
23 Jahre Parlamentszugehörigkeit, um mit 67 Jahren eine Pension in Höhe von 65
Prozent der jetzigen Diäten zu erhalten, rechnete Krebs vor – und wehrte sich
gegen den Vorwurf der Selbstbedienungsmentalität. Gottfried Härle sprach die
Problematik der beschäftigten, eingearbeiteten Flüchtlinge in Zusammenhang mit
Abschiebungen an. Krebs sprach sich für „Druck aus der Wirtschaft“ aus, sagte
aber auch: „Es werden nicht alle dableiben können“ und: „Wir müssen den
Menschen eine legale Einwanderungschance bieten.“
„Auf dem richtigen Weg … für erneuerbare Energie“ ist
der Titel eines Vortragsabends mit Umweltminister Franz Untersteller und
Landtagsabgeordneter Petra Krebs, der am 22. März im Gasthaus Kleber in Haslach
zu hören ist. Beginn ist um 19.30 Uhr.